Redebeitrag zur Demo „25 Jahre Tschernobyl“: die Vergangenheit
2. Mai 2011 § Hinterlasse einen Kommentar
von Mike Nagler (Attac, BgAL)
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Leipzigerinnen und Leipziger,
die Katastrophe von Tschernobyl mahnt uns. 25 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gehen weltweit Hunderttausende auf die Straßen. Allein gestern haben bundesweit mehr als 120.000 Menschen an Demonstrationen teilgenommen, um Tschernobyl zu gedenken – aber auch um das sofortige Abschalten aller Atomkraftwerke einzufordern!
Denn von allein wird der Ausstieg nicht kommen – das haben die letzten Wochen gezeigt. Aber wenn weiter so viele Menschen gegen Atomenergie auf die Straße gehen wie in den letzten Wochen, dann ist es möglich, die lavierende Bundesregierung zu einem wirklichen energiepolitische Kurswechsel zu zwingen!
Tschernobyl, das ist die Katastrophe, die sich in das Gedächtnis der Menschheit gebrannt hat.
Tschernobyl, das ist ein trauriges Symbol für die atomare Gefahr.
Tschernobyl, das ist der Reaktorunfall, der das Leben von Hunderttausenden zerstörte.
Tschernobyl, ist noch heute gegenwärtig und längst nicht vorbei!
Durch Tschernobyl zerbrach auch der ohnehin durch die Anti-Atom-Bewegung in Frage gestellte Konsens über die Nutzung der Atomenergie in Europa. Italien beschloss 1987 den Atomausstieg, Belgien 1999. Aufgrund der Konzernmacht der vier großen Energieriesen und des fehlenden politischen Willens hält Deutschlands Regierung bis heute an der Atompolitik fest.
Atomkraft ist nicht nur gefährlich sondern auch unglaublich teuer.
Atomkraft in Deutschland wurde und wird noch immer massiv aus öffentlichen Geldern subventioniert.
Über Jahre hinweg – bis heute – stellt die Atomlobby Atomkraft noch immer als saubere, zukunftsorientierte und billige Energiequelle dar. Das Gegenteil ist der Fall, wirft man einen Blick auf die Finanzierung und die Beseitigung des Mülls. Um Atomkraft für die Verbraucher bezahlbar zu machen, wird sie mit 80 Prozent aus Steuergeldern finanziert. Das heißt, der Verbraucher, egal ob Industrie oder Privathaushalt, bezahlt nur 20 Prozent der tatsächlichen Kosten. Der Rest wird vom Staat – uns allen – subventioniert. Laut einer Greenpeace-Studie wurden im Zeitraum von 1950 bis 2010 für Atomenergie 204 Milliarden Euro staatliche Subventionen ausgegeben.
Fakt ist: Es gibt keine andere Technologie, in die so viele öffentliche Gelder geflossen sind und die so hoch subventioniert wird. Und dass, obwohl die Atomkraft die Technologie ist, deren Risiken am wenigsten (vom Menschen) kontrollierbar sind.
Das einzige was wirklich sicher ist an einem Betrieb von Atomkraftanlagen ist der Profit. Ein einziges altes AKW spühlt TÄGLICH 1,5 Millionen Euro in die Kassen der Betreiber. Während einige das schnelle Geld machen bleibt das Risiko für alle.
Pro Jahr entsteht in einem Block ungefähr die 1200-fache Menge der radioaktiven Substanz einer Hiroshima Bombe. Die Schäden, die durch Atomunfälle angerichtet werden, sind verheerend – das haben wir schon oft – zu oft! – gesehen. Atomkraftwerke gehören sofort abgeschaltet!
Doch ist die Atomkraft nicht nur dann gefährlich, wenn ein Unfall passiert. Bis heute wurden mehr als 300.000 Tonnen hochradioaktiver Müll weltweit produziert. Schätzungen zufolge werden es im Jahr 2020 ungefähr 445.000 Tonnen sein. Weltweit existiert kein Endlager für hochradioaktiven Abfall.
Jede Produktion zusätzlichen Atommülls verschärft das bereits heute bestehende Problem.
Egal ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün, Schwarz-Rot oder jetzt wieder Schwarz-Gelb. Es gab in der Vergangenheit keine einzige Regierung in Deutschland, die eine konsequente Antiatompolitik betrieben hat. Die Konsequenz haben wir erkannt. Wir vertrauen vor allem uns – den Initiativen und Netzwerken. Wir sind misstrauisch gegenüber den Parteien, die ihre Ideologie und ihre Herrschaftsstrategie zu oft leider eher an Legislaturperioden ableiten als an dem was menschlich und politisch sinnvoll ist.
Der Sachverstand sitzt in Umweltverbänden und Initiativen, nicht in den Büros, der von der Atomwirtschaft bezahlten Lobbyisten, die die Gesetzentwürfe und neuen „Konsense“ für die Parteien ausarbeiten.
25 Jahre nach Tschernobyl ist der Ausstieg endlich greifbar!
Darum machen wir Druck auf die Regierungen!
Deshalb sind Demonstrationen wie die heutige legitim und notwendig!
Für eine ganz andere Energiepolitik – für eine ganz andere Welt!
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