Redebeitrag zur Demo „25 Jahre Tschernobyl“: das Schlusswort

9. Mai 2011 § Hinterlasse einen Kommentar

Von Jürgen Kasek (B.U.N.D. Leipzig, BgAL)

Zusammen mit Tausenden Menschen deutschlandweit haben wir heute an die Katastrophe von Tschernobyl gedacht. Bereits gestern waren wieder über 140.000 Menschen auf der Straße, um an verschiedenen AKW und anderen Atom-Standorten auf die Situation aufmerksam zu machen, um deutlich zu machen, dass es kein ‚weiter so‘ geben kann. Die Mehrheit der Bevölkerung, sie ist gegen die Atomkraft.

Wir wissen und wir haben begriffen, dass Atomkraftwerke nicht sicher sind. Dass Sicherheit stets eine Illusion ist und eine Illusion bleiben wird. Heute vor 25 Jahren kam es zum ersten atomaren Super-GAU. Und wie wir seit einem Monat wissen, war es nicht der letzte und es wird auch nicht der letzte bleiben. Es werden keine Hellseher benötigt, um vorherzusehen, dass solange es die Atomkraft gibt, es immer wieder zu Zwischenfällen kommen wird. Und das nicht nur, weil AKWs – wie unter anderem in Japan – im Erdbebengebiet stehen, sondern weil es eben auch menschliches Versagen ist, und menschliche Profitgier, die die Sicherheit stets zur Illusion macht. Eine Technik, die aber von solch unkontrollierter Gewalt ist, die in der Lage ist, Hunderttausende Leben auszulöschen… eine solche Technik wird niemals sicher sein.

Spätestens jetzt, 25 Jahre nach Tschernobyl, einen Monat nach Fukushima und vielen weiteren Beinahe-Katastrophen, muss die Menschheit endlich begreifen. Muss der Mensch nachweisen, dass er ein intelligentes Lebewesen ist.

Wir stehen heute auch hier, weil wir das mahnende Gedenken nutzen wollen, um klar und deutlich zu sagen, was wir nicht wollen. Wir wollen keine Lügen, wir wollen keine Beschwichtigung, wir wollen keine Atomkraft.

Die atomaren Katastrophen sind eben keine singulären Ereignisse. Die Nutzung der Atomkraft, schafft zu viele offene Fragen, als dass sie Lösungen aufzeigt. Dass es weltweit kein sicheres Endlager für den Müll einer Technologie gibt, die seit über 50 Jahren genutzt wird, ist ein weiteres Zeugnis des Scheiterns. All die Katastrophen führen uns immer wieder auch die Fehlbarkeit des Menschen vor Augen. Der Mensch ist mit seinen Allmachtsphantasien, er ist gescheitert. Nicht wir beherrschen die Natur, die Natur beherrscht uns. Wir sollten sie nicht zerstören. All die Katastrophen und Opfer sind ein Zeichen dafür, dass der Mensch maßlos ist. Maßlos in seinem Streben.

Wir, die hier stehen und begriffen haben, lassen uns nicht diskreditieren. Wir müssen uns nicht schämen gegen Größenwahnsinn und Umweltzerstörung zu sein. Und wir sind heute auch hier, weil wir wütend sind, weil wir die Lügen satt haben. Weil uns die Erklärungsversuche nicht reichen. Wir sind wütend auf die vier großen Energieoligopolisten, die schamlos Gelder an den Ökofonds streichen und auf Kosten unserer Sicherheit Profite in Milliardenhöhe einstreichen. Wir sind wütend auf die IAEO, weil sie Informationen zurückhält und uns suggerieren will, dass Atomkraft sicher ist. Ohne Respekt vor den Opfern werden die Zahlen der Toten nach unten gerechnet. Und wir sind wütend auf die Bundesregierung, die uns mit ihrer Politik für dumm verkaufen will.

Wir werden nicht aufhören zu erinnern und zu mahnen, zu informieren und zu demonstrieren, bis nicht das letzte Atomkraftwerk in Deutschland und weltweit abgeschaltet ist.

Aber auch wenn wir heute in erster Linie hier stehen, weil wir ein Zeichen gegen Atomkraft setzen und an die vielen Opfer erinnern wollen, so haben wir doch begriffen, dass es ein weitaus größeres Ziel gibt. Wir stehen nicht hier, weil wir die eine umweltzerstörende Technologie durch eine andere ersetzen wollen. Fossile Energieerzeugung wird das Problem nicht lösen – kann das Problem nicht lösen. Das Ziel, die Perspektive kann deswegen nur eine postfossile Zukunft sein. Aber um diese zu erreichen, müssen wir uns selber Einhalt gebieten. Solange wie der Mensch nach immer größeren Wohlstand strebt, solange wie der Energieverbrauch immer weiter steigt, solange werden wir auch die Natur immer weiter zerstören. Nicht nur heute wollen wir demonstrieren. Jeden Tag handeln muss das Ziel sein. Jeden einzelnen Tag kann jeder einzelne von uns etwas tun, damit es eine Zukunft für alle Menschen geben kann.

Heute, 25 Jahre nach Tschernobyl, ist es an der Zeit endlich anzufangen. Heute und an jedem neuen Tag.

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